Fürchtet euch nicht; siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Luk. 2 10,11.

Wie oft hast du das heilige Weihnachtsfest gefeiert? Mancher wird sprechen, je nach seinem Alter: Ich habe es wohl zehn, zwanzig, dreißigmal gehalten. Aber ich sage nicht von Halten, sondern von Feiern: wie oft hast du es heilig gehalten und dir zu Nutze gemacht? Ich will dir ein Exempel erzählen eines rechten Liebhabers des Krippleins Jesu oder viel mehr des Herrn Jesu selbst.

Die Kaiserin Helena hat das Kripplein Christi zu Bethlehem sehr prächtig überbauet. Nicht weit davon hat Hieronymus bis in sein hohes Alter gewohnt. Er bekam eine ehrenvolle Berufung auf einen vornehmen Bischofsitz; aber er gab zur Antwort: Man bringet mich nicht von dem Kripplein Christi weg. Mir ist nirgends besser; eben an dem Ort, da mir Gott seinen Sohn vom Himmel gegeben, da will ich meine Seele hinauf gen Himmel schicken. Kurz aber vor seinem Ende schrieb Hieronymus: So oft ich diesen Ort anschaue, so hat mein Herz ein süßes Gespräch mit dem Kindlein Jesu. Ich sage: „Ach mein Herr Jesu, wie zitterst Du, wie hart liegst Du um meiner Seligkeit willen! wie soll ich Dirs immermehr vergelten?“ Da dünket mich, das Kindlein antworte mir: „Nichts begehre Ich, Hieronyme, als: Singe: Ehre sei Gott in der Höhe! Laß dirs lieb sein; Ich will noch viel dürftiger werden im Ölgarten und am Kreuze.“ Ich spreche weiter: „Liebes Jesulein, ich muss dir etwas geben; ich will dir all mein Geld geben!“ Das Kindlein antwortet: „Ist doch zuvor Himmel und Erde Mein; Ich bedarf`s nicht, gibs armen Leuten; das will ich annehmen, als wenn es mir selber wäre wiederfahren.“ Ich rede weiter;“ Liebes Jesulein, ich wills gern tun, aber ich muss Dir auch für deine Person etwas geben oder muss vor Leide sterben.“ Das Kindlein antwortet: Lieber Hieronyme, weil du ja so freigiebig bist, so will Ich dir gerne sagen, was du Mir sollst geben. Gib her deine Sünde, dein böses Gewissen und deine Verdammnis!“ Ich spreche: „was willst du damit machen?“ Das Jesulein saget: „Ich wills auf meine Schulter nehmen; das soll Meine Herrschaft und herrliche Tat sein, wie Jesajas vor Zeiten geredet hat, dass Ich deine Sünde will tragen!“ Da fange ich an, spricht Hieronymus, bitterlich zu weinen und sage: „Kindlein, liebes Kindlein, wie hast Du mir das Herze gerühret! Ich gedachte, Du wollest was gutes haben, so willst Du alles, was bei mir böse ist, haben. Nimm hinweg, was mein ist,; gib, mir, was Dein ist; so bin ich der Sünden los und des ewigen Lebens gewiß!“

Findest du, mein lieber Christ, bei dir auch solche Bewegung des Herzens?

 Sei willkommen, du edler Gast, den Sünder nicht verschmähet hast,

und kommst ins Elend her zu mir; wie soll ich immer danken Dir?

Ach mein herzliebes Jesulein, mach Dir ein rein, sanft Bettelein,

zu ruhn in meines Herzens Schrein, daß ich nimmer vergesse dein!

Christian Scriver (1670)